Wo technische Kompetenz steckt, ist auch Offenheit

Dr. Nikos Askitas über seine Open-Science-Erfahrungen

Die drei wesentlichen Learnings:

  • Technische Kompetenzen sind dienlich für Open Science.
  • Transparente Wissenschaft fördert Resonanz.
  • Ökonom*innen, die Politik beraten wollen, haben eine besondere Verantwortung.


Welche positiven Erfahrungen haben Sie im Kontext von Open Science gemacht?

NA: Open Science ist für mich kein Instrumentarium, um meine wissenschaftliche Karriere zu pushen, sondern meine grundsätzliche Überzeugung. Open Science zeigt, wie Wissenschaft – insbesondere Wirtschaftswissenschaft – im digitalen Zeitalter gelebt werden sollte. Empirische Forschung, die potenziell Menschenleben beeinflusst, muss transparent sein. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Gerade als Ökonom*innen haben wir da eine besondere Verantwortung. Und deshalb unterstütze ich auch Open-Science-Infrastrukturen wie beispielsweise PLOS ONE als Academic Editor in Economics. Für mich als Pluralist mit Wurzeln in der Theoretischen Mathematik, in der Technologie und in der Ökonomie ist es wichtig, ein Outlet zu haben, wo allein das Forschungsergebnis zählt und nicht der „Stallgeruch“. Natürlich stelle ich auch meine Datensets und meine Codes offen zur Nachnutzung zur Verfügung. Das mache ich natürlich in unserem eigenen IZA Research Data Center (IDSC).


Welche Vorteile hat es für Sie, Publikationen, Datensets und Quellcodes zu veröffentlichen?

NA: Wenn ich nur ganz beschränkt auf mich selbst schaue, kann ich sagen: Ich bekomme Resonanz, die mir oft hilft, meine Forschung in einem größeren Rahmen zu sehen. Wenn ich jedoch etwas weiter schaue, dann macht Offenheit mich als Forscher aus. In diesen Corona-Zeiten würde ich sagen: Ich fühle mich mehr systemrelevant.


Welche Rolle spielt Open Science für Sie in der Doktorandenausbildung?

NA: Ich unterrichte Doktorand*innen vor allem in Python und Stata. Meinen Quellcode für den Unterricht als auch mein Wissen teile ich offen. Beispielsweise habe ich als Lehrmaterial für einen Stata/Python Workshop zwei Module für die Stata-Python-Integration geschrieben, die ich bei RePEc deponiert habe: ein Stata-Modul zum Abrufen von Aktienkursen namens Stockquote und ein Stata-Modul namens Louvain zum Auffinden von Gemeinschaften. Davon können jetzt alle profitieren. Das Stockquote-Modul beispielsweise wurde schon 463 Mal heruntergeladen. Ich finde es auch enorm wichtig, dass den Doktorand*innen Open Science vorgelebt wird. Denn dann gehört es für sie zur ganz normalen Praxis, Daten und Quellcodes zu teilen. Generell beobachte ich in den letzten Jahren: Je höher das technische Skillset, desto höher ist auch die Offenheit. Die jetzige Doktorand*innen-Generation hat hier enorm zugelegt bei den technischen Fähigkeiten.


Wo sehen Sie für sich die größten Effekte transparenter Wissenschaft?

NA: Wenn Wirtschaftsforschung so nah an den gesellschaftlichen Problemen ist, dass sie tatsächlich Eingang findet in die Politik, dann hat sie für mich ihren Auftrag und ihre Verantwortung erfüllt. Lassen Sie mich dies mit einer Anekdote illustrieren. Ich habe 2015 einen Aufsatz zum Thema „Prognose des griechischen Referendums mit Google Trends“ veröffentlicht. Hal Varian, Chefökonom von Google, bat mich um Erlaubnis, eine meiner Abbildungen in seinem Vortrag in Rio de Janeiro zu benutzen. Dies hat dann über mehrere Ecken dazu geführt, dass ich als Keynote-Speaker eingeladen wurde zu einer Nowcasting Conference der Argentinischen Zentralbank. Die Tagung war eine Konsequenz des „Billion Prices Project“, welches mit öffentlich zugänglichen Internet-Daten die Vertuschung von Inflationsraten in Argentinien aufgedeckt hatte: Ein Beispiel, wo Top-Forschung einen High Impact für die Politikberatung hatte. Open Science matters.

Das Interview wurde geführt von Dr. Doreen Siegfried.

Das Interview wurde geführt am 02.11.2020.


Über Dr. Nikos Askitas

Nikos Askitas ist seit 2000 am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) tätig. Er erforscht als Mathematiker, Daten- und Wirtschaftswissenschaftler neue Forschungs- und Politikansätze im Bereich der Arbeitsmarktökonomie sowie in den Sozialwissenschaften allgemein. Zudem ist er als Leiter des Forschungsdatenzentrums am IZA (IDSC) für alle daten- und technologierelevanten Fragen verantwortlich. Er engagiert sich in der Doktorandenausbildung für die Ausweitung technischer Kompetenzen und glaubt fest daran, dass kompetenter Nachwuchs zu Open Science führt.


Kontakt:

ORCID-ID: http://orcid.org/0000-0002-3134-6616

Twitter: https://twitter.com/askitas?lang=es




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