Generation O: Openness is the way to go

Open Science als „New Normal“ nach der Krise?

Foto einer Laborsituation 
Quelle: Shutterstock

Seit einem guten Jahr leben wir mit einer Pandemie, die in allen Bereichen des Lebens Veränderungen ausgelöst hat. Auch im Wissenschaftssystem hat sich manches bewegt, und hier vor allem in den Disziplinen, die in der vordersten Linie stehen bei der Erforschung und Bekämpfung des Virus. Was ist passiert?

Transparente Wissenschaft geht nicht? Geht doch!

Es ging plötzlich ein Ruck durch das Wissenschaftssystem. Dinge wurden möglich, die bis dahin nur von Aktivist:innenen gefordert, aber vom Gros der Wissenschaftler:innen eher misstrauisch beäugt wurden.

  • Mit einem Mal war Kollaboration über Länder- und Disziplinengrenzen hinweg das Gebot der Stunde.
  • Studienergebnisse wurden und werden als Pre-Prints veröffentlicht, um den Austausch und den Diskurs zu beschleunigen.
  • Daten wurden und werden getauscht und geteilt.
  • Zahlreiche Forscher:innen bemühen sich, der breiten Öffentlichkeit diese Phänomene auf den unterschiedlichsten Kanälen zu erklären.

Wir befinden uns in einer Art Open-Science-Labor.

Neue Ansätze werden ausprobiert, um gemeinsam Lösungen zu finden und anzubieten. Wissenschaft geht neue Wege, um ihre Arbeit verständlich und transparent zu machen. Die Open-Science-Bewegung sieht sich in ihren seit Jahren erhobenen Forderungen bestätigt. Das Thema ist angekommen, nicht nur in den einzelnen wissenschaftlichen Communities, sondern auch in der Politik und in der Öffentlichkeit.

Nicht alles ist offen, was offen genannt wird

Die Pandemie hat aber nicht nur gezeigt, wieviel Potenzial in Open Science steckt. Sie hat auch offengelegt, wie steinig der Weg dorthin noch ist. Wenn die Universitäten den Präsenzbetrieb einstellen müssen, sind plötzlich Mittel und Wege für die digitale Lehre gefragt, aber nicht vorhanden. Gemeinsam brechen Professor:innen und Studierende in digitales Neuland auf, testen Werkzeuge und Programme, die die verordnete Distanz überwinden helfen.

In den Laboren können aktuelle Daten und Forschungsergebnisse geteilt werden, doch der Zugang zu früher gewonnenen, für die Weiterentwicklung wichtigen Erkenntnissen liegt noch immer hinter Bezahlschranken. Wissenschaftliche Verlage schalten ihre Zeitschriften vorübergehend frei, aber der größte Teil des angehäuften Wissens ist nach wie vor nur für die zugänglich, die eine finanzkräftige Bibliothek oder Institution hinter sich wissen. Das gilt insbesondere für Forscher:innen aus Schwellen- und Entwicklungsländern und es stellt sich die Frage, ob die Pandemie auch den digitalen Graben vertieft, der die Hochleistungsforschung der Industrienationen vom Rest der Welt trennt.

Wissenschaftskommunikation ist gefragt wie nie zuvor

Nicht nur der Zugang zum Wissen, auch das Auffinden von Informationen und Daten muss neu geregelt werden. Die Verarbeitung der nun massenhaft veröffentlichten Forschungsergebnisse stößt an ihre Grenzen: neue Methoden zur Erschließung und Discovery müssen entwickelt werden. Wissenschaftliche Bibliotheken sind gefordert, sich auf neue und andere Bedürfnisse ihrer Communities einzustellen.

Wissenskommunikation ist gefragt wie nie zuvor: die Gesellschaft hat ein sprunghaft angestiegenes Bedürfnis zu wissen und zu verstehen, was vor sich geht. Deutlicher und vor allem verständlicher denn je müssen Forscher:innen erläutern, wie wissenschaftliches Arbeiten und wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn vonstatten gehen, ohne dabei die bewährten Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens zu verlassen. Beispielhaft hat sich etwa in dem Streit um die Heinsberg-Studie gezeigt, dass die Kommunikation mit der Gesellschaft anders funktioniert als innerhalb der wissenschaftlichen Communities. (Eine Analyse dieses Falles finden Sie hier: DOI: https://doi.org/10.31222/osf.io/54zx2)

Wie wird man Open-Science-Macher:in?

Neue und spannende Forschungsfelder tun sich auf, und die Bereitschaft, sich für Open Science zu engagieren, wächst. Die Generation O wächst. Umfragen und Studien zeigen, dass die Prinzipien von Offenheit und Transparenz verstanden, gewünscht und befürwortet werden. Die praktische Anwendung stellt viele Forscher:innen vor ganz konkrete Probleme, für die sie sich Unterstützung wünschen.

  1. Wie steigt man ein?
    Der erste Schritt ist der einfachste: sich informieren und sich vernetzen mit Kolleg:innen, die schon länger auf diesem Gebiet aktiv sind. Die Open-Science-Bewegung ist mittlerweile breit genug aufgestellt, dass man in der eigenen Community auf Gleichgesinnte treffen kann.
  2. Was kann man machen?
    Der nächste Schritt kann spannend und aufregend sein: ausprobieren, welche Tools es gibt und wie sie funktionieren. Es gibt Workshops und Konferenzen, auf denen man sich austauschen und Unterstützung finden kann, wie die Open Science Conference oder das Open Science Barcamp. Plattformen und Portale bieten Einstieg und Hilfestellung beim Testen. Probieren Sie zum Beispiel die Worksheets in unserem Open Science Magazin.
  3. Wie sichert man den langfristigen Erfolg?
    Im letzten Schritt gilt es, die eigene Erfahrung weiterzugeben und neue Mitstreiter:innen anzuspornen, den wissenschaftlichen Austausch voranzubringen. Gründen Sie Ihre eigene Open-Science-Gruppe oder Community!




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