Nur was frei nachnutzbar ist, darf sich „open“ nennen

Rechtliches Folge 5

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Können die auf dem Dissertations-Server veröffentlichten Dokumente, die alle frei über das Internet heruntergeladen werden können und für die bislang keine CC-Lizenzen vergeben worden sind, alle als Open-Access-Publikationen gekennzeichnet werden (denn es gibt unterschiedliche Definitionsansätze)? Wenn Lizenzen zur Auswahl angeboten werden, die nicht im Sinne von „Libre Open Access“ sind, sollen die betreffenden Dokumente trotzdem als Open-Access-Dokumente ausgezeichnet werden, da der Zugang ja „frei“ ist?

Es gibt verschiedene Definitionen von Open Access. Die meisten sehen auch eine kostenlose Zugänglichkeit der Materialien für jedermann vor. Vor allem aber ist elementare Grundlage aller bekannten Open-Access-Definitionen, dass (zudem) die freie Nachnutzung (Weiterverbreitung, öffentliche Zugänglichmachung, Kopieren und so weiter) gestattet ist.

Lizenzen oder sonstige Nutzungsbedingungen, die solche Nachnutzungsrechte nicht vorsehen, sind nicht „open“, gestatten keinen „Open Access“ und sollten auch nicht so bezeichnet werden. Denn „open“ ist nicht gleichzusetzen mit „kostenlosem Zugang für jedermann“ (ansonsten wäre annähernd das gesamte Internet „open“). Hinzukommen muss die Einräumung von Nachnutzungsrechten für die Allgemeinheit, die letztlich nur durch den Einsatz von offenen Lizenzen realisiert werden kann.

Der Begriff Libre Open Access ist weder ein allgemein anerkannter noch klar definierter Begriff. Er soll offenbar „richtiges“ Open Access bezeichnen. Er bezieht sich also auf Inhalte, die nicht nur kostenlos genutzt werden können, sondern deren Nachnutzung durch eine offene Lizenz weitgehend gestattet ist. Wie weitgehend, also ob er beispielsweise zwingend auch die Einräumung von Rechten zur kommerziellen Nutzung oder von Bearbeitungsrechten voraussetzt, ist unklar. Jedenfalls ist der Begriff Libre Open Access ein Pleonasmus (er hebt eine Selbstverständlichkeit als besonderes Attribut hervor) und damit irreführend. Ein sinnvolles Begriffspaar wäre dagegen: „Gratis Access“ und „Open Access“.


Die hier aufgeführten Fragen und Antworten stammen aus dem Buch Rechtsfragen bei Open Science von Dr. Till Kreutzer und Dr. Henning Lahmann. Einem kostenfreien Leitfaden zu Rechtsfragen bei Open Science, der eine praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung bietet. Link zur vollständigen 2. überarbeiteten und erweiterten Auflage: dx.doi.org/10.15460/HUP.211


Der Text steht, soweit nicht anders gekennzeichnet, unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0 (CC BY 4.0). Das bedeutet, dass er vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, auch kommerziell, sofern dabei stets der Urheber, die Quelle des Textes und o. g. Lizenz genannt werden. Die genaue Formulierung der Lizenz kann unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode aufgerufen werden.

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Porträt von Dr. Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer ist Rechtsanwalt, Rechtswissenschaftler und Publizist. Er ist Mitgründer des iRights.Lab, dem unabhängigen Think Tank über Strategien für die digitale Welt sowie Mitgründer und Herausgeber von iRights.info (Internetportal für Verbraucher und Kreative zum Urheberrecht in der digitalen Welt).

Er ist assoziiertes Mitglied des Forschungsbereichs Medien- und Telekommunikationsrecht am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und Mitglied des Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS).

URL: https://irights-law.de/team/dr-till-kreutzer/


Porträt von Dr. Henning Lahmann

Dr. Henning Lahmann arbeitet als Senior Researcher am Digital Society Institute der ESMT Berlin, als Senior Policy Advisor am iRights.Lab sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei iRights.Law in Berlin.

URL: https://faculty-research.esmt.berlin/person/henning-christian-lahmann/bio



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