Offenheit ist gut für die Karriere

Dr. Aleksandar Zaklan über seine Open-Science-Erfahrungen

Foto von Dr. Aleksandar Zaklan

Die drei wesentlichen Learnings:

  • „Offenheit ist gut für die Karriere. Wenn Du willst, dass Dein Name schnell bekannt wird, mach interessante Sachen, die für viele Leute nützlich sind.“
  • Ein Early Adopter neuer Entwicklungen wie Open Science zu sein, kann für die Karriere förderlich sein.
  • Die Replikations-Guidelines der AEA-Journals sind ein sehr gutes Trainingsfeld, um die eigenen Daten zu strukturieren und zu dokumentieren.

Wie sind Sie für das Thema Open Science sensibilisiert worden?

AZ: Was mich zu dem Thema Open Science gebracht hat, war mein damaliger Jean-Monnet-Betreuer Denny Ellerman am European University Institute (EUI) in Florenz, ein Grandsigneur der Klimaökonomie. Er war vorher am MIT und beschäftigte sich in Florenz unter anderem mit einem Datenprojekt für die EU-Kommission. Er hat mich gebeten, dieses Projekt zu koordinieren.  

Worum ging es?

AZ: Es war – und ist oft noch immer – unklar, welche Fabrik im europäischen Emissionshandel zu welcher Firma gehört. Für uns als Forscher:innen ist es wichtig zu wissen, welcher Energiekonzern welches Kraftwerk bzw. welche Fabrik steuert. Eine reine Liste von Fabriken nützt wenig, die Verbindungen waren wichtig. Und genau das haben wir öffentlich zu Verfügung gestellt.

Wie war die Resonanz?

AZ: Der Datensatz wird heute immer noch benutzt, obwohl er mittlerweile fast zehn Jahre alt ist. Und es ist meines Wissens immer noch der einzige öffentlich verfügbare Datensatz, der es Forschenden erlaubt, beim EU-Emissionshandel auf die Firmenebene zu blicken. Ich werde immer noch wegen dieses Datensatzes kontaktiert. Ich selbst habe mehrere Papiere damit publiziert, andere Leute haben damit publiziert, und die Arbeiten sind auch gut zitiert worden. Für mich war das der Einstieg in das Thema Open Science und es hat sich sehr ausgezahlt. Man steigt im Profil, man wird bekannt. Ich habe ein paar Leute von der Kommission kennengelernt. Ich bin auch gefragt worden, an Forschungsprojekten mitzumachen, weil ich dieses Wissen hatte. Das war rundum ein Erfolg.

Haben Sie den Datensatz in einem Forschungsdatenrepository veröffentlicht?

AZ: Ja, bei Cadmus, das ist ein Bibliotheksservice des EUI. Der Datensatz ist mittlerweile natürlich veraltet. Aber viele Nachwuchswissenschaftler:innen nutzen den heute noch.

Welche Erfahrungen haben Sie darüber hinaus mit dem Veröffentlichen von Daten?

AZ: Ich durfte kürzlich ein Papier in einem der AEA-Journals veröffentlichen und musste das erste Mal die Replikations-Guidelines der AEA anwenden. In diesem Prozess habe ich sehr viel gelernt: Wie muss man Code strukturieren, damit der besser replikabel ist? Wie muss ich das Begleitdokument aufschreiben, damit Kolleg:innen verstehen, wie diese Datensätze zusammenkommen, wofür die gut sind etc.? Die AEA hat ihr eigenes Data & Code Repository beim Interuniversity Consortium for Political and Social Research (ICPSR) an der Universität Michigan. Dort werden die Daten dauerhaft archiviert. Im Zuge meiner Arbeit habe ich dieses Repository kennengelernt. Und soweit ich das verstehe, handelt es sich um eine öffentlich finanzierte Plattform, wo dauerhaft elektronischer Speicher zur Verfügung gestellt wird, damit Daten eben nicht verschwinden, zum Beispiel wenn Forscher:innen aus der Wissenschaft gehen oder wenn Wissenschaftler:innen private Dienste nach einiger Zeit nicht weiter nutzen. Momentan haben wir totalen Wildwuchs. Einige Wissenschaftler:innen sind auch besser im Dokumentieren als andere. Einheitliche Standards gibt es noch nicht. Aus meiner Sicht wäre es für ein Institut wie das DIW sehr, sehr gut, wenn es eine Standardprozedur gäbe für alle Mitarbeiter:innen, die etwas veröffentlichen, damit Daten auch nach Jahren noch verfügbar sind.

Warum sind Nachwuchsforschende aktuell offener für Transparenz? Was ist Ihre Einschätzung?

AZ: Ich beobachte hier eine wachsende intrinsische Motivation. Junge Wissenschaftler:innen sind einfach viel mehr mit dem virtuellen Netzwerk aufgewachsen. Als ich Doktorand war, war das Netz noch jünger und es gab gar nicht so den Platz, große Datenmengen vorzuhalten, so wie es heute der Fall ist. Ich habe auch das Gefühl, dass die junge Generation insgesamt viel offener bei vielen Dingen ist, auch in der Kommunikation.

Wie können junge Forschende besser kommunizieren lernen?

AZ: Es ist inzwischen schon so, dass Nachwuchsforschende viel darauf fokussieren, wie man erfolgreich Wissenschaftskommunikation betreiben kann. Und das ist gar nicht so leicht. Was an meinen Erkenntnissen ist für andere wichtig, die nicht in meiner Teildisziplin arbeiten? Warum sollte das jemanden interessieren, die oder der mit Ökonomie nichts am Hut hat, welche Ergebnisse man findet oder auch nicht? Kommunikation muss man lernen. Im Graduiertenprogramm des DIW werden Kurse angeboten, die sich genau mit dieser Thematik beschäftigen. Und es ist auch ein zentraler Fokus hinter INSIGHTS.

Liegt der Fokus bei INSIGHTS eher auf der Einordnung der Forschungsfrage im großen Kontext oder geht es eher darum, sich verständlich auszudrücken?

AZ: Wir machen verschiedene Sachen. Wir nehmen gar nicht so eine starke Position ein, was am wichtigsten ist, sondern wir bieten ein Portfolio an Angeboten an, aus dem die Interessierten Elemente aussuchen können. Kurse, die bei uns gut laufen, sind zum Beispiel Soziale Medien, wie tweete ich interessant. Dann gibt es Basics der Science Communication. Einen Kurs, nämlich Meet the Press, habe ich auch mitgemacht. Dort wird unter anderem vermittelt, wie das Zusammenspiel mit Journalist:innen funktioniert: Was wollen die von mir? Was will ich von ihnen? Es gibt auch andere Formate wie Policy Fellowships, wo Leute aus Policy-Einrichtungen an eine der Berliner Forschungseinrichtungen kommen. Wir bieten auch Praktika bei Medienhäusern an, zum Beispiel Spiegel oder Zeit. Wir bieten diese und noch verschiedene weitere Dinge an, fordern die Teilnahme aber nicht ein.

Gibt es Open Data Skills, Open Science Skills, die Sie mitnehmen, die auch außerhalb der akademischen Welt gebraucht werden?

AZ: Strukturiert sein, ist, glaube ich, unabhängig davon was man macht, eine sehr gute Kompetenz. Man muss seine Codes strukturiert aufschreiben und ordentlich dokumentieren. Diese Skills sind auch in anderen Bereichen extrem wichtig.

Mit Verlassen der akademischen Welt verlassen Sie ja auch die akademischen Infrastrukturen mit den Zugängen zu Literatur, Daten usw. Wie kommen Sie denn bei Ihrer neuen Tätigkeit an Literatur und an Daten?

AZ: Ich bleibe erst mal Gast am DIW, also ich behalte zum Glück erst mal alles wie gehabt. Es ist natürlich ein Problem, dass Zugänge zu Zeitschriften und Co. so restriktiv sind, wenn man nicht in einer Forschungseinrichtung arbeitet.

Was wäre Ihre Idealvorstellung, wie der Austausch zwischen Forschenden mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten auf einer materiellen und kommunikativen Ebene organisiert werden kann?

AZ: Das ist ein schwieriges Thema. Für eine NGO, die in der aktuellen Forschung auch gerne am Ball bleiben möchte, aber nicht das Geld hat, tausende von Euro pro Jahr für eine Zeitschrift auszugeben, ist das natürlich sehr schwierig. Es gibt Konferenzen, zum Beispiel die Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik, die sind nicht so teuer und es werden unterschiedliche Formate angeboten, teilweise auch sehr angewandte. Eine andere positive Entwicklung ist, dass die Economics Associations, die als non-profits agieren und deren Formate sehr günstig sind, sich im Journal-Raum ausdehnen. Es gibt verschiedene neue Journals der Associations. Das sind jetzt schon die guten oder werden in absehbarer Zeit die guten Journals sein. Dies hilft Organisationen und Leser:innen, denen leider nur wenige Ressourcen zur Verfügung stehen.

Was würden Sie jüngeren Kolleg:innen gerne mitgeben zum Thema Offenheit, Transparenz, Replizierbarkeit?

AZ: Offenheit ist gut für die Karriere. Wenn Du willst, dass Dein Name schnell bekannt wird, mach interessante Sachen, die für viele Leute nützlich sind. Mach das und rede darüber. Sei großzügig mit Deiner Zeit, Dinge ordentlich zu dokumentieren. Es ist sehr aufwändig, aber es zeigt anderen auch, dass Du wirklich versuchst, offen zu sein. Sei ein Early Adopter von Sachen wie zum Beispiel den NFDI-Konsortien. Das kann auch Teil Deines Markenkerns sein.

Vielen Dank!

Das Interview wurde am 27. Oktober 2022 geführt von Dr. Doreen Siegfried.

Über Dr. Aleksandar Zaklan

Dr. Aleksandar Zaklan befasst sich schwerpunktmäßig mit Umweltthemen. In seiner Forschung am DIW konzentriert er sich derzeit auf die Bewertung von Wirksamkeit, Effizienz und Verteilungseffekten von Politikinstrumenten zur Minderung von Umweltexternalitäten; die Analyse der Auswirkungen von Umweltexternalitäten auf Individuen sowie die Analyse indirekter Effekte von Umweltpolitik.
Aleksandar Zaklan ist seit 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW. Zudem ist er seit 2016 Research Associate an der Berlin School of Economics und seit 2018 Fellow am Berlin Centre for Consumer Policies (BCCP).

Kontakt: https://www.diw.de/de/diw_01.c.89192.de/personen/zaklan__aleksandar.html

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