Open Science im Wandel
Eine Kartierung der Forschungslandschaft

Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur die Bedeutung offener Wissenschaft verstärkt, sondern auch deren Dynamik und thematische Schwerpunkte verändert. Doch welche Themen dominieren die Open-Science-Forschung, und wie haben sie sich entwickelt? Eine umfassende Literaturanalyse im Rahmen des Projekts VOICES (Value of Openness, Inclusion, Communication, and Engagement for Science in a Post-Pandemic World) gibt darauf Antworten.
Ein zentraler Meilenstein des internationalen VOICES-Projekts war die bibliometrische Analyse von rund 7.000 wissenschaftlichen Publikationen zu Open Science. Ziel war es, zentrale Themenbereiche zu identifizieren und deren Entwicklung nachzuzeichnen. Die Studie nutzt dazu Methoden der direkten Zitation, Ko-Zitation und bibliografischen Kopplung, um Forschungsnetzwerke sichtbar zu machen.
Die Analyse zeigt, dass die Open-Science-Forschung elf thematische Cluster bildet. Besonders stark vertreten sind die Bereiche offene Daten, Reproduzierbarkeit in der Psychologie, Technologie und Industrie sowie partizipative Forschung. Diese Themen prägen die wissenschaftliche Debatte und verdeutlichen, dass sich Open Science längst nicht mehr nur auf den freien Zugang zu Publikationen beschränkt. Fragen der Datenverfügbarkeit, methodischen Qualität und gesellschaftlichen Partizipation rücken zunehmend in den Fokus.
Vernetzung und Entwicklung zentraler Themen
Die Kartierung zeigt, dass einige Cluster eng miteinander verknüpft sind, während andere isoliert bleiben. So stehen etwa Reproduzierbarkeit, Publikationsverzerrung und Neurowissenschaften in einem engen Zusammenhang, was die Bedeutung methodischer Qualitätsfragen in diesen Disziplinen unterstreicht. Soziale Gerechtigkeit und Vielfalt hingegen sind thematisch breiter gestreut und interdisziplinär mit verschiedenen Forschungsfeldern verknüpft.
Ein weiteres zentrales Ergebnis ist der zeitliche Wandel der Open-Science-Forschung. Seit 2015 verzeichnen die Themen Technologie und Industrie, offene Daten und partizipative Forschung ein starkes Wachstum. Die COVID-19-Pandemie hat diesen Trend weiter beschleunigt: Der offene Zugang zu Forschungsergebnissen und die wissenschaftliche Kommunikation haben an Bedeutung gewonnen, was sich in den Clustern zu öffentlicher Gesundheit und Biodaten widerspiegelt.
Überraschend ist, dass Open Access, das in früheren Studien als dominierendes Thema galt, kein eigenständiges Cluster mehr bildet. Stattdessen hat sich Open Access als grundlegendes Prinzip etabliert, das in verschiedene Open-Science-Praktiken integriert ist – insbesondere in der wissenschaftlichen Kommunikation.
Ein dynamisches Forschungsfeld mit neuen Schwerpunkten
Die Studie zeigt, dass Open Science thematisch vielfältig ist und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Während etablierte Themen wie offene Daten und Reproduzierbarkeit weiter an Bedeutung gewinnen, rücken neue Fragestellungen wie soziale Gerechtigkeit, partizipative Forschung und technologische Innovation stärker in den Fokus.
Diese strukturierte Kartierung liefert nicht nur eine Bestandsaufnahme der aktuellen Forschungslandschaft, sondern auch eine Orientierung für Wissenschaftler:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Institutionen, die Open Science gezielt weiterentwickeln möchten.
Zur Studie: Dorsch, I., Hare, M., Mongeon, P., & Peters, I. (2024). Mapping Open Science Scholarly Literature. 28th International Conference on Science, Technology and Innovation Indicators (STI2024), Berlin, Germany. https://doi.org/10.5281/zenodo.14163843
*Dieser Text wurde verfasst am 17. April 2025