Was muss ich beachten zum Thema Software & Open Science?

Rechtliches Folge 12

Illustration

Ist es erlaubt, kommerziell-lizenzierte (proprietäre) Software mit stark eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten zu archivieren?

Ob Archivierungsmaßnahmen zulässig sind, hängt vor allem davon ab, welcher Art sie sind. Urheberrechtlich relevant sind sie nur, wenn hierfür Kopien erstellt werden. Werden beispielsweise lediglich CD-ROMs in ein Archiv gestellt, ist das urheberrechtlich nicht erwähnenswert. Im Zuge digitaler Archivierung werden freilich in aller Regel Kopien erzeugt. Sie sind – wenn die Software urheberrechtlich geschützt ist – nur zulässig, wenn hierfür eine gesetzliche oder vertragliche Erlaubnis vorliegt.

Gesetzlich zulässig sind lediglich Sicherungskopien (§ 69d Abs. 2 UrhG). Sie setzen das Vorhandensein einer lizenzierten Arbeitskopie voraus. Eine Archivierungsregelung ist hierin daher nicht zu sehen. Die Archivierungsregelungen über Content (zum Beispiel aus § 60e UrhG) gelten für Software nicht. Entsprechend wird man für Archivierungskopien in der Regel auf eine Erlaubnis des Rechteinhabers angewiesen sein. Ergibt sich diese nicht aus einem Vertrag, einer Endbenutzer-Lizenzvereinbarung (EULA) oder sonstigen Nutzungsbedingungen, bedarf es einer individuellen Rechteeinholung.

Was ist rechtlich notwendig, damit Open Source Software über ein Forschungsdaten-Repositorium veröffentlicht werden kann?

Handelt es sich um fremde, als Open Source Software lizenzierte und im Umlauf befindliche Programme, dürfen sie in ein Repositorium eingestellt werden. Die Lizenzpflichten sind dabei selbstverständlich zu beachten.

Soll eigene Software erstmals unter einer Open-Source-Lizenz in ein Repositorium eingestellt werden, können Sie als Rechteinhaber:in (in rechtlicher Sicht) frei darüber entscheiden, beispielsweise über die Auswahl der Lizenz. Zu beachten ist, dass es eine Vielzahl von Lizenzen für Free and Open Source Software (FOSS) gibt, die sich häufig schon in Grundzügen erheblich unterscheiden. Eine den Umständen entsprechende sinnvolle Auswahlentscheidung zu treffen, ist daher nicht immer einfach. Open-Content-Lizenzen (wie Creative Commons) eignen sich für die Lizenzierung von Software in der Regel nicht gut. Wenn Open-Access-Repositorien für die Einstellung von Software geeignet sein sollen, sollten hierfür entsprechend angepasste Optionen für die Lizenzauswahl eröffnet werden.

In einem Projekt wurde von einem/einer Mitarbeiter:in Software für das Projekt entwickelt: Wem gehören eigentlich die Rechte an dieser Software – dem Arbeitgeber oder der/dem Mitarbeiter:in?

Nach § 69b UrhG stehen die Rechte an Software, die von Angestellten oder Dienstnehmer:innen im Rahmen ihrer arbeits- oder dienstvertraglichen Pflichten geschaffen wurde, ausschließlich dem Arbeitgeber oder Dienstherrn zu (nachstehend wird nur noch der Begriff Dienstverhältnis verwendet, die Ausführungen gelten jedoch für Arbeitsverhältnisse entsprechend).

Diese sogenannte cessio legis (gesetzlicher Rechteübergang) ist vollumfassend. Sie erfasst sämtliche Bestandteile eines Computerprogramms und ist nicht auf solche beschränkt, die vom Dienstnehmer während der Arbeitszeit geschaffen wurden. Arbeitszeit und -ort sind lediglich Indizien für die Frage, wem die Rechte zustehen. Generell gilt jedoch auch bei § 69b UrhG das sogenannte Hochschullehrerprivileg. Übertragen auf Computerprogramme bedeutet es, dass Wissenschaftler:innen, die im Rahmen ihrer Forschung und zu Forschungszwecken Software programmieren, entgegen § 69b UrhG im Besitz ihrer Rechte verbleiben. Ob das im Einzelfall zutrifft, ist jedoch von einer Reihe von Faktoren abhängig, die einer individuellen Beurteilung bedürfen.

Worauf muss geachtet werden, wenn zum Beispiel andere Komponenten genutzt wurden (Software­-Bibliotheken)?

Werden in eigene Programme Fremdkomponenten wie Software-Bibliotheken implementiert, sind die hierfür geltenden Nutzungsregeln zu beachten. Stehen sie unter Open-Source-Lizenzen, sind deren Klauseln als vertragliche Vorgaben zu behandeln und entsprechend zu berücksichtigen. Bei Verstößen gegen die Lizenzvorgaben einer Open-Source-Lizenz drohen der Verlust aller Lizenzrechte und entsprechende rechtliche Sanktionen. Proprietäre (Closed-Source-) Komponenten dürfen in aller Regel nur mit Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden.

Kann ich eine eigene Software als Open Source bereitstellen, wenn solche Fremdkomponenten vorhanden sind?

Auch das hängt von der Lizenzierung der Fremdkomponenten ab. Open-Source-Lizenzen gestatten es generell, die hierunter stehende Software weiterzuverwenden, auch wenn sie zum Bestandteil anderer Software gemacht wurde. Manche Open-Source-Lizenzen, vor allem die mit „Copyleft-Effekt“, schreiben für die Nachnutzung als Bestandteil anderer Computerprogramme besondere Bedingungen vor. Diese variieren von Lizenz zu Lizenz mehr oder weniger stark. Open Source License Compliance ist ein ernst zu nehmendes Thema. Es bedarf häufig fachkundiger Beurteilung.


Die hier aufgeführten Fragen und Antworten stammen aus dem Buch Rechtsfragen bei Open Science von Dr. Till Kreutzer und Dr. Henning Lahmann. Einem kostenfreien Leitfaden zu Rechtsfragen bei Open Science, der eine praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung bietet. Link zur vollständigen 2. überarbeiteten und erweiterten Auflage: dx.doi.org/10.15460/HUP.211


Der Text steht, soweit nicht anders gekennzeichnet, unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0 (CC BY 4.0). Das bedeutet, dass er vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, auch kommerziell, sofern dabei stets der Urheber, die Quelle des Textes und o. g. Lizenz genannt werden. Die genaue Formulierung der Lizenz kann unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode aufgerufen werden.

Buchcover


Porträt von Dr. Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer ist Rechtsanwalt, Rechtswissenschaftler und Publizist. Er ist Mitgründer des iRights.Lab, dem unabhängigen Think Tank über Strategien für die digitale Welt sowie Mitgründer und Herausgeber von iRights.info (Internetportal für Verbraucher und Kreative zum Urheberrecht in der digitalen Welt).

Er ist assoziiertes Mitglied des Forschungsbereichs Medien- und Telekommunikationsrecht am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und Mitglied des Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS).

URL: https://irights-law.de/team/dr-till-kreutzer/


Porträt von Dr. Henning Lahmann

Dr. Henning Lahmann arbeitet als Senior Researcher am Digital Society Institute der ESMT Berlin, als Senior Policy Advisor am iRights.Lab sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei iRights.Law in Berlin.

URL: https://faculty-research.esmt.berlin/person/henning-christian-lahmann/bio



Zurück zum Open-Science-Magazin