Wie kann ich meine eigenen Publikationen nachnutzen?

Rechtliches Folge 9

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Darf ich Preprints zum Beispiel mit dem Hinweis „Preprint. Published in …“ ins Netz stellen?

In der Regel wird das nur zulässig sein, wenn die Vereinbarung mit dem publizierenden Verlag solche Zweitveröffentlichungen ermöglicht. Denkbar ist zunächst, dass diese Frage ausdrücklich in einer Klausel des Verlagsvertrags geregelt ist. Denkbar ist auch, dass dem Verlag durch den Verlagsvertrag nur nicht ausschließliche (= nicht exklusive) Rechte eingeräumt wurden. Dann ist der/die Urheber:in in der eigenen Nutzung seines/ihres Werks weiterhin frei.

Unabhängig vom Verlagsvertrag sieht das Urheberrechtsgesetz ein zwingendes Zweitveröffentlichungsrecht für bestimmte Arten von Beiträgen vor (§ 38 Abs. 4 UrhG). Es gilt für Artikel in wissenschaftlichen Periodika und kann frühestens zwölf Monate nach der Erstveröffentlichung in Anspruch genommen werden. Ob dessen Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen, ist zu prüfen, da das Zweitveröffentlichungsrecht eine Reihe von Einschränkungen vorsieht.

Wenn für die Erstveröffentlichung einer Publikation die Rechte an einen Verlag abgegeben wurden: Im Wissenschaftsbetrieb ist es gängige Praxis, sich Artikel, die hinter einer Paywall liegen, von Kolleg:innen zu erbitten. Ist das kollegiale Teilen der eigenen Artikelkopie als Preprint oder Postprint legal?

Grundsätzlich ist die direkte Überlassung einzelner Kopien der eigenen Artikel an Kolleg:innen für deren wissenschaftliche Forschung zulässig (§ 60c Abs. 1 UrhG). Ob es sich um Pre- oder Postprint-Versionen der Artikel handelt, spielt keine Rolle. Sollten dem Klauseln in den Nutzungsbedingungen (AGB) des Verlags, Repositoriums- oder Datenbankanbieters entgegenstehen, sind sie gemäß § 60g Abs. 1 UrhG unwirksam. Dieser besagt, dass sich ein:e Rechteinhaber:in auf Vereinbarungen nicht berufen kann, die erlaubte Nutzungen nach den §§ 60a–60f UrhG beschränken oder untersagen.

Inwiefern können Printpublikationen, die veröffentlicht worden sind, als es noch keine elektronischen Zugänge gab, als Open Access publiziert werden?

Online-Publikationen von Werken, die vor 1995 entstanden sind, bedürfen grundsätzlich der erneuten Zustimmung der Autor:innen – und zwar unabhängig davon, ob sie im Open Access oder nur als Gratis Access veröffentlicht wurden.

Eine äußerst komplizierte Ausnahme gilt unter bestimmten Umständen für Verlags- oder andere Publikationen, für die der/die Autor:in in einem bestimmten Zeitraum exklusive Rechte an einen Verwerter übertragen hat.

Was kann ich machen, wenn ich Vertragsabschlüsse mit einem Verlag nicht mehr besitze und die Publikation gerne Open Access publizieren würde – bei aktuellen und älteren Publikationen (vor 5 bis 15 Jahren publiziert)?

Letztlich wird die Verlagspublikation (genauer: die in diesem Zusammenhang geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen) regelmäßig eine spätere Open-Access-Publikation verhindern. Ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Verträgen mit dem Verlag ab. Sind diese nicht mehr auffindbar, sollten Sie beim Verlag nachfragen, wenn Sie rechtlich auf der sichereren Seite sein wollen. Im Zweifel wird für die Open-Access-Zweitpublikation ohnehin eine Einigung mit dem Verlag erforderlich sein.


Die hier aufgeführten Fragen und Antworten stammen aus dem Buch Rechtsfragen bei Open Science von Dr. Till Kreutzer und Dr. Henning Lahmann. Einem kostenfreien Leitfaden zu Rechtsfragen bei Open Science, der eine praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung bietet. Link zur vollständigen 2. überarbeiteten und erweiterten Auflage: dx.doi.org/10.15460/HUP.211


Der Text steht, soweit nicht anders gekennzeichnet, unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0 (CC BY 4.0). Das bedeutet, dass er vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, auch kommerziell, sofern dabei stets der Urheber, die Quelle des Textes und o. g. Lizenz genannt werden. Die genaue Formulierung der Lizenz kann unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode aufgerufen werden.

Buchcover


Porträt von Dr. Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer ist Rechtsanwalt, Rechtswissenschaftler und Publizist. Er ist Mitgründer des iRights.Lab, dem unabhängigen Think Tank über Strategien für die digitale Welt sowie Mitgründer und Herausgeber von iRights.info (Internetportal für Verbraucher und Kreative zum Urheberrecht in der digitalen Welt).

Er ist assoziiertes Mitglied des Forschungsbereichs Medien- und Telekommunikationsrecht am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und Mitglied des Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS).

URL: https://irights-law.de/team/dr-till-kreutzer/


Porträt von Dr. Henning Lahmann

Dr. Henning Lahmann arbeitet als Senior Researcher am Digital Society Institute der ESMT Berlin, als Senior Policy Advisor am iRights.Lab sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei iRights.Law in Berlin.

URL: https://faculty-research.esmt.berlin/person/henning-christian-lahmann/bio



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