Wie rechtsverbindlich sind offene Lizenzen?

Rechtliches Folge 3

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Welche Bedingungen gelten, wenn keine Lizenz angegeben ist, zum Beispiel bei Texten auf meiner privaten Homepage?

Inhalte, die von Ihnen ohne Lizenzangaben ins Netz gestellt werden, dürfen von anderen nur nach den gesetzlichen Bestimmungen genutzt werden. Sie dürfen angesehen, zu privaten Zwecken auch gespeichert oder ausgedruckt werden. Es darf hieraus zitiert und unter Umständen dürfen sie auch – nach den gesetzlichen Schrankenbestimmungen – für Unterrichts- oder Forschungszwecke in Teilen verwendet werden.

Merke: Wenn Sie keine Lizenzangaben machen, ist dies gleichbedeutend mit „All Rights Reserved“. Dies bedeutet, dass alle Rechte, über die Sie als Rechteinhaber:in verfügen, vorbehalten werden.

„Funktionieren“ die Lizenzen BSD, MIT, Creative Commons etc. ohne Einschränkungen in Deutschland?

Die grundsätzliche Rechtsverbindlichkeit von offenen Lizenzen nach deutschem Recht wurde mittlerweile in einer Vielzahl Gerichtsentscheidungen anerkannt. Dies betrifft zentrale Funktionen, wie die Wirksamkeit des Vertragsschlusses, Beendigungs- und Copyleft-Klauseln sowie Lizenzpflichten.

Unwirksam sind dagegen die in US-amerikanischen Lizenztexten (soweit diese nicht an das deutsche Recht angepasst wurden) enthaltenen vollumfänglichen Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse. Aus diesem und anderen Gründen hat Creative Commons eine Zeit lang „Länderportierungen“ der Lizenzen erstellt und verfügbar gemacht, die rechtlich (also nicht nur sprachlich) an die jeweilige Rechtsordnung angepasst waren.

Seit Version 4 der CC-Lizenzen wurde dieser Ansatz jedoch aufgegeben. Die CC- Lizenzen ab Version 4 stellen jedoch klar, dass, wenn einzelne Klauseln einer Lizenz nach dem Recht des jeweiligen Staates rechtlich unwirksam sind, an ihrer Stelle die gesetzlichen Regelungen gelten sollen.

Ob diese Regelung in jedem Fall wirksam ist und welche Folgen sie jeweils hat, ist eine schwierige Frage, die nicht pauschal beantwortet werden kann. Das Haftungsniveau für Inhalte, die unter offenen Lizenzen veröffentlicht werden, ist für Sie als Lizenzgeber:in jedenfalls ohnehin sehr gering. Der Unterschied zu einem vollumfassenden Haftungsausschluss per Lizenzklausel ist daher eher marginal – jedenfalls nach deutschem Recht.


Die hier aufgeführten Fragen und Antworten stammen aus dem Buch Rechtsfragen bei Open Science von Dr. Till Kreutzer und Dr. Henning Lahmann. Einem kostenfreien Leitfaden zu Rechtsfragen bei Open Science, der eine praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung bietet. Link zur vollständigen 2. überarbeiteten und erweiterten Auflage: dx.doi.org/10.15460/HUP.211


Der Text steht, soweit nicht anders gekennzeichnet, unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0 (CC BY 4.0). Das bedeutet, dass er vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, auch kommerziell, sofern dabei stets der Urheber, die Quelle des Textes und o. g. Lizenz genannt werden. Die genaue Formulierung der Lizenz kann unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode aufgerufen werden.

Buchcover


Porträt von Dr. Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer ist Rechtsanwalt, Rechtswissenschaftler und Publizist. Er ist Mitgründer des iRights.Lab, dem unabhängigen Think Tank über Strategien für die digitale Welt sowie Mitgründer und Herausgeber von iRights.info (Internetportal für Verbraucher und Kreative zum Urheberrecht in der digitalen Welt).

Er ist assoziiertes Mitglied des Forschungsbereichs Medien- und Telekommunikationsrecht am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und Mitglied des Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS).

URL: https://irights-law.de/team/dr-till-kreutzer/


Porträt von Dr. Henning Lahmann

Dr. Henning Lahmann arbeitet als Senior Researcher am Digital Society Institute der ESMT Berlin, als Senior Policy Advisor am iRights.Lab sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei iRights.Law in Berlin.

URL: https://faculty-research.esmt.berlin/person/henning-christian-lahmann/bio




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