ZBW als Treiber der Open-Science-Bewegung

Für eine offene, zugängliche Wissenschaft

Die Wissenschaftswelt steht an einem Wendepunkt. Längst reichen klassische, oft geschlossene Publikationswege nicht mehr aus, um den immer drängenderen Herausforderungen moderner Forschung zu begegnen. Studien und Daten bleiben hinter Paywalls verborgen, zu viele Forschungsprojekte arbeiten isoliert, und wertvolle Erkenntnisse sind für andere Forschende und darüber hinaus weite Teile der Gesellschaft nicht zugänglich. Genau hier setzt die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft – mit ihrer Arbeit an: Sie ist nicht nur Informationsinfrastrukturdienstleister und Wissensvermittler, sondern engagiert sich auf nationaler und internationaler Ebene als Akteur für „Open Science“, also die Öffnung von Forschung, der dafür erforderlichen Methoden, Infrastrukturen und der erzielten Ergebnisse.

Die Schwachstellen des Status quo

Offene Wissenschaft ist längst zu einem wesentlichen politischen Anliegen geworden – doch die Realität sieht oft anders aus. Forschungsdaten und Ergebnisse liegen meist hinter Bezahlschranken oder in abgeschlossenen Systemen, die für eine breite Nutzung nicht ausgelegt sind. Selbst an Universitäten und Forschungseinrichtungen gibt es nicht immer freien Zugang zu neuen Studien – noch größer ist das Problem bei Hochschulen Angewandter Wissenschaften (HAWs) und Fachhochschulen. Diese Hürden behindern den wissenschaftlichen Fortschritt und engen den Austausch zwischen Forschenden weltweit ein.

Ein weiteres Problem: Das klassische Wissenschaftssystem belohnt vorrangig wissenschaftliche Aufsätze in hochrangigen Zeitschriften. Die entsprechende Aufbereitung und Bereitstellung anderer wissenschaftlicher Ergebnisse wie Forschungsdaten, Methoden, Software etc. wird nicht so sehr belohnt. Dies ist aber immens wichtig und würde die Nachvollziehbarkeit und Nachnutzung wissenschaftlicher Ergebnisse möglich machen. Zudem wird der Publikationsmarkt dominiert von großen Verlagen und Verlagskonzernen, die den Zugang zu Forschungsergebnissen kostenpflichtig machen. Dadurch wird Wissen kommerzialisiert und wissenschaftlicher Fortschritt nur für diejenigen zugänglich, die zahlen können – sei es für teure Lizenzen oder exklusive Konferenzen.

Warum Open Science nötig ist – und die Rolle der ZBW

Die ZBW arbeitet als einer der Vorreiter für Open Science daran, diese Schranken zu überwinden. Mit einem umfassenden Engagement in wissenschaftspolitischen Gremien auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene setzt sich die ZBW dafür ein, dass die Vielfalt wissenschaftlicher Ergebnisse, die im Rahmen des Forschungsprozesses entstehen, frei zugänglich werden. Dabei geht es nicht nur um die theoretische Förderung von Open Science, sondern um konkrete Maßnahmen zur politischen Verankerung einer offenen Wissenschaft.

Im deutschen Kontext bringt die ZBW ihre Expertise etwa in die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen und die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ein, wo sie an Strategien und Projekten zur Schaffung offener Datenräume arbeitet. Durch ihre Mitarbeit wird sichergestellt, dass Initiativen wie die NFDI, die eine nationale Infrastruktur für das Forschungsdatenmanagement aufbaut, sich konsequent an Open-Science-Prinzipien orientieren. Dies ist besonders wichtig, um auch disziplinübergreifend einen freien Austausch von Forschungsdaten zu ermöglichen.

Europa im Blick: Open Science im Kontext der EU

Auch auf europäischer Ebene hat die ZBW einen Platz in bedeutenden Netzwerken, um Open Science voranzutreiben. Die European Open Science Cloud Association (EOSC), in deren Vorstand ZBW-Direktor Prof. Dr. Klaus Tochtermann seit 2023 wiedergewählt wurde, ist ein europäisches Schlüsselprojekt zur Vernetzung von Forschungsdaten. Ziel der EOSC ist es, eine europaweite, zugängliche Cloud-Struktur für Forschungsdaten zu schaffen – ein digitaler Raum, in dem Forschende disziplinübergreifend auf Daten zugreifen und diese gemeinsam nutzen können.

Prof. Dr. Klaus Tochtermann: „Ich freue mich auf die Herausforderung, zu demonstrieren, wie nationale Forschungsdateninfrastrukturen wie die NFDI erfolgreich mit der EOSC zusammenarbeiten können.“  

Foto: Sven Wied

Das Engagement der ZBW in der EOSC zeigt, wie wichtig eine koordinierte europäische Zusammenarbeit ist. Nationale Initiativen, wie die deutsche NFDI, werden so mit europäischen Vorhaben verknüpft, um einen lückenlosen Zugang zu Forschungsdaten zu gewährleisten. Die EOSC, unterstützt von der ZBW, soll eine Plattform schaffen, die langfristig dazu beiträgt, Forschung transparenter und gemeinschaftlicher zu gestalten – ein Schritt, der dringend notwendig ist, um fragmentierte Forschungsansätze zu überwinden.

Globale Verantwortung: Die ZBW als Partner der UNESCO

Doch die Vision der ZBW reicht über nationale und europäische Grenzen hinaus. International ist die ZBW über Dr. Anna Maria Höfler etwa in der UNESCO Working Group on Open Science Policies and Policy Instruments vertreten. Die Arbeitsgruppe setzt sich für die Umsetzung der UNESCO Recommendation on Open Science ein. Dieses Dokument, verabschiedet von allen UNESCO-Mitgliedstaaten, fordert einen globalen Wandel hin zu offener Wissenschaft. Die Zusammenarbeit mit der UNESCO bedeutet für die ZBW, dass sie wissenschaftspolitische Aktivitäten auf internationaler Ebene aktiv mitgestalten kann. Es ermöglicht ihr, Wissen und Ressourcen aus Deutschland in eine internationale Debatte einzubringen und gleichzeitig Impulse aus der Weltgemeinschaft in deutsche und europäische Projekte einfließen zu lassen.

Dr. Anna Maria Höfler: „Meiner Meinung nach sind diese Bemühungen um gute Rahmenbedingungen so wichtig, damit Open Science in die Breite kommen kann und es ganz selbstverständlich ist, wenn Open-Science-Praktiken Teil der wissenschaftlichen Leistungsbewertung sind.“

Foto: Rupert Pessl

Die ZBW als Katalysator für Wandel und Zugang

Die ZBW hat sich als entscheidender Akteur im Bestreben um eine offene Wissenschaft etabliert. Ihre Mitwirkung in wissenschaftspolitischen Gremien, von der deutschen Allianz bis zur European Open Science Cloud und der UNESCO (um nur einige zu nennen), zeigt, wie vielschichtig ihre Open-Science-Strategie ist. Durch ihr Engagement trägt die ZBW dazu bei, die strukturellen Defizite im Wissenschaftssystem zu überwinden und den Zugang zu Wissen für alle zu verbessern.

Ihre Rolle als Katalysator für eine gerechtere und transparentere Wissenschaft ist heute wichtiger denn je – und wird es auch in Zukunft bleiben. Wissenschaft ist eine Ressource, die die Gesellschaft insgesamt bereichert. Die ZBW setzt sich dafür ein, dass diese Ressource allen zugutekommt und das Potenzial der Forschung für das Gemeinwohl ausgeschöpft wird.



Zurück zum Open-Science-Magazin