Infrastrukturen bauen ist Teil der Lösung
Wie die ZBW als Infrastrukturpartner in den wirtschaftswissenschaftlichen NFDI-Konsortien arbeitet
Copyright ZBW, Foto: Timo Wilke
Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) vernetzt systematisch Forschungsdaten aus ganz Deutschland. Mit einem jährlichen Budget von bis zu 90 Millionen Euro (2019-2028) von Bund und Ländern, werden diese Daten zugänglich gemacht. Unter den 26 NFDI-Konsortien, Zusammenschlüssen diverser Forschungseinrichtungen, wird gemeinsam an spezialisierten Dateninfrastrukturen gearbeitet. Ihr Ziel ist die Entwicklung von Lösungen, die sowohl den Bedürfnissen der Fachgemeinschaften gerecht werden als auch breit kompatibel sind. Im Fokus steht die Bereitstellung aller Forschungsdaten gemäß den FAIR-Prinzipien.
Die ZBW ist in den beiden großen NFDI-Konsortien für die Wirtschaftswissenschaften, d.h. in BERD@NFDI (Betriebswirtschaft und verwandte Disziplinen) und KonsortSWD (Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften), als Infrastrukturpartner zentral eingebunden.
Anja Busch ist Projektmanagerin in der ZBW und Spezialistin für interdisziplinäre und oft internationale Forschungsdaten-Projekte mit zahlreichen Partnern. Sie hat in der Vergangenheit beispielsweise GO FAIR mit aufgebaut und war Projektmanagerin des DFG-Projekts GeRDI – Generic Research Data Infrastructure. Sie erklärt, wie es um die wirtschaftswissenschaftlichen Konsortien steht.
Anja Busch, was ist Ihr Job?
AB: Ich koordiniere die Aufgaben der ZBW in den verschiedenen Konsortien, an denen die ZBW beteiligt ist. Beispielsweise werden in allen Konsortien Metadaten aufbereitet, die den FAIR-Prinzipien genügen. Um Doppelarbeit zu vermeiden und von Anbeginn an, die NFDI als Ganzes zu denken, trage ich dafür Sorge, dass die Konsortien, an denen wir mitwirken, auf dieselben Standards setzen und dieselben Lösungen anstreben.
Was ist in den letzten Monaten konkret gemacht worden?
AB: Hier möchte ich mich auf BERD@NFDI konzentrieren, da dies das Konsortium ist, in dem die ZBW die größte Rolle als Infrastrukturpartner einnimmt. Die Arbeiten im Jahr 2022 können in zwei Gruppen unterteilt werden. Inhaltlich wurden mit den Partnern aus den Fachgemeinschaften vor allen Dingen User Stories entwickelt. Dies sind Beschreibungen, die darstellen, wie Nutzende später BERD nutzen könnten. Daraus konnten wir in einem weiteren Schritt Anforderungen für unsere Entwicklungsarbeiten ableiten. Für die Darstellung dieser Anforderungen haben wir schließlich mit einer externen Agentur gearbeitet, die uns darin unterstützt hat, das User Interface und die Klickpfade für das Zielsystem genauer festzulegen. Technologisch war die Ausgangslage in BERD die, dass es bislang noch kein Datenrepositorium für die Art von Daten gibt, die BERD in den Mittelpunkt stellt. Hier war in einem ersten Schritt zu analysieren, in was für einer Infrastrukturumgebung dieses Repositorium bereitgestellt wird und welche Basistechnologie verwendet wird. Wir haben uns hier entschieden, das Repositorium in einer Cloudlösung anzubieten. Als Basistechnologie verwenden wir eine Open Source Lösung namens Invenio, die an die konkreten Anforderungen von BERD nach und nach angepasst wird.
Was waren die großen Herausforderungen?
AB: Insgesamt ist die ZBW in vier Konsortien der NFDI beteiligt, neben den oben genannten gibt es noch ein Konsortium, das in der Informatik angesiedelt ist. Diese Konsortien sind alle zu unterschiedlichen Zeitpunkte gestartet, arbeiten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und haben eine unterschiedlich lange gemeinsame Geschichte. Eine Herausforderung ist es daher, die technologischen Gemeinsamkeiten in den Konsortien zu synchronisieren. Ein Beispiel: KonsortSWD hat eine sehr lange Vorgeschichte zwischen den Partnern. Sie kennen sich gut und haben bereits Standards, zum Beispiel für Metadaten, für sich vereinbart. BERD@NFDI hat dagegen eine sehr junge gemeinsame Geschichte und viele Dinge, wie beispielsweise ein Metadatenstandard für BERD@NFDI, müssen erst noch gemeinsam entwickelt werden. Unser Ziel ist es jedoch, diese Standards nicht zu weit auseinanderdriften zulassen, was eine Herausforderung ist, wenn beide Konsortien so unterschiedlich vorangeschritten sind.
Eine große Herausforderung sind nicht nur die unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den Konsortien, an denen wir beteiligt sind. Auch das ganze Umfeld dieser Konsortien ist derzeit in einer hochdynamischen Entwicklung. Zum Beispiel gibt es inzwischen in der NFDI ein Verbundprojekt aller Konsortien, das sich zum Ziel setzt, Basistechnologien zu entwickeln, die von allen Konsortien benötigt werden. Hier ist es wichtig, zu schauen, wie sich die Arbeiten in diesem Konsortium mit unseren Arbeiten abstimmen lassen. Ein anderes Beispiel ist eine Ausschreibung des BMBF zum Aufbau von Datenkompetenzzentren in Deutschland. Auch hier ist genau zu beobachten, wie es sich zu den Trainings- und Ausbildungsaktivitäten unserer Konsortien verhält. Es gäbe hier noch zahlreiche weitere Beispiele, die die Dynamik veranschaulichen, etwa das neu eingerichtete Dateninstitut der Bundesregierung oder die European Open Science Cloud.
Vielen Dank!
Das Interview führte Dr. Doreen Siegfried.